GROENLANDIA
Zeitraum
ab 01. Oktober 2025

GROENLANDIA
Leander Schwazer
Installation, 2025
In weithin sichtbaren Lettern – formal angelehnt an das ikonische „Hollywood“-Sign – prangt das Wort GROENLANDIA auf den Mauern der historischen Festung Franzensfeste. Die Installation des Künstlers Leander Schwazer nutzt die populärer Ikonografie, um den gewohnten Zusammenhang zu durchbrechen und neue Assoziationen zu wecken: Was hat Grönland – die entlegene, von Eis und geopolitischen Begehrlichkeiten geprägte Insel – mit dieser ehemaligen militärischen Bastion in Südtirol zu tun?
Die Arbeit versteht sich als Intervention im öffentlichen Raum und als bewusst gesetzte Überblendung von räumlicher und politischer Ferne. Schwazer wählt die Festung als Landmarke für eine Reflexion über globale Machtverschiebungen, ökologische Kipppunkte und die fortwirkenden Mechanismen kolonialer Inanspruchnahme. Grönland, im kollektiven Bewusstsein oft als Peripherie imaginiert, wird hier zum symbolischen Zentrum – einem Ort, an dem sich in verdichteter Form die großen Konfliktlinien unserer Gegenwart kreuzen: Klimawandel, Ressourcenkämpfe, postkoloniale Narrative und neue geopolitische Allianzen.
Die Festung selbst wird dabei nicht nur zum Träger der Schrift, sondern integraler Bestandteil der künstlerischen Aussage. Als abgeschlossene, schwer zugängliche Architektur steht sie in einem paradoxen Verhältnis zur Sichtbarkeit der Intervention – sichtbar für tausende vorbeifahrende Menschen auf der nahegelegenen Brennerautobahn, die das Werk im Vorüberfahren registrieren, vielleicht auch nur fragmentarisch und erreicht damit ein weit größeres Publikum als das exklusive der Kunstwelt.
GROENLANDIA verschmilzt Sprache, Zeichen und Raum zu einem offenen Bedeutungsgefüge. Es handelt sich nicht um eine bloße Ortsmarkierung, sondern um eine poetisch-politische Setzung, die sich bewusst der Eindeutigkeit entzieht. Die Diskrepanz zwischen Ort und Bezeichnung stiftet produktive Verwirrung: Ist die Festung zum Sinnbild einer neuen geopolitischen Ordnung geworden? Oder ist Grönland längst überall?
Im Sinne einer erweiterten Öffentlichkeit bezieht Schwazer das heterogene Publikum der Transitgesellschaft in die Arbeit ein. Die Reaktionen – flüchtig oder reflektiert, zustimmend oder ablehnend – sind Teil des Werks. Die Festung wird so zur diskursiven Plattform, zu einem Resonanzkörper für Fragen, die weit über ihren geografischen Kontext hinausreichen.
Grönland ist überall.
Curated by Sandra Mutschlechner
Photo by Tiberio Sorvillo
Installed by Leander Schwazer & Hanspeter Eisendle
Sponsors Salewa, Oberalp Group & Windisch Design